Umgeben von Terror, Tod und White House-Irrsinn ist man dieser Tage froh, wenn sich der eine oder andere Dur-Moment in den tristen Alltag schleicht. Und so feiere ich das mittlerweile neunte Studioalbum der Dropkick Murphys schon ab, bevor sich der erste Ton des Werks aus den Boxen schält. Die Bostoner Party-Punks sind schließlich Meister der guten Laune. Es dauert auch keine zwei Minuten, da wird meine Vorfreude bereits auf Händen getragen. Ein einsamer Bootsmann macht den Anfang. Er schippert auf einer Nussschale über den Ozean, begleitet von einem lautstarken Pub-Chor und Pogo-tauglichem Midtempo-Punkrock. ("The Lonesome Boatman"). Alles wie gehabt. So soll es sein.
Auch im Anschluss bleiben die Dropkick Murphys ihrer Linie treu. Wahlweise auf der Überholspur ("Rebels With A Cause", "I Had A Hat") oder im schleppenden Schunkel-Modus ("Blood", "Paying My Way") fahren sie die Ellbogen aus. Wer hier mitfeiern will, der braucht schon eine dicke Haut. Blaue Flecken und rote Nasen gehören nun mal zum Schönheits-Repertoire eines jeden echten Dropkickers.
Hinter der rauen Attitüde und der wilden Fassade pochen mittlerweile aber ganz weiche Herzen. Vor allem Frontmann und Hauptsongwriter Al Barr präsentiert sich im Hier und Jetzt eher fernab von spaßigem Kneipen-Gejohle. Nur selten hüpft der Sänger wild auf den Tischen und zelebriert Party-Punkrock ohne Wenn und Aber ("I Had A Hat"). Die meisten der elf neuen Tracks deckelt das Aushängeschild der Band mit zum Nachdenken anregenden Lyrics.
So widmet er sich beispielsweise den Hoffnungen von Drogenabhängigen ("First Class Loser"). Auch die ins Punkrock-Korsett gezwängte Neuinterpretation der Anfield Road-Hymne "You'll Never Walk Alone" soll Süchtigen helfen und Mut machen.
Barr hält eine aufwühlende Brandrede zum Thema Zusammenhalt ("Sandlot"). Er beschwört die Geister der guten Tat ("Paying My Way") und legt an den Gräbern der Opfer des Boston Marathons Blumen nieder ("4 15 13"). Die letzte Zeit habe den Sänger nachdenklich gemacht, so Barr. In den vergangenen drei Jahren sei er auf über 50 Beerdigungen gewesen. "11 Short Stories Of Pain And Glory" kehrt nun all die Tristesse nach außen.
Dass man nach dem Hörgenuss des Albums trotzdem mit einem Lächeln durch den Tag spaziert, verdankt man dem wieder einmal dem alles erhellenden musikalischen Paket, das den zumeist nachdenklich stimmenden Texten zur Seite steht. Abermals geben sich zwischen an Rancid- und The Gaslight Anthem-Glanztaten erinnernde Irish-Punk-Hymnen nur so die Klinke in die Hand. Mit fetten Chören, kräftigen Gitarren und dem Talent aus fünf Akkorden stets etwas Neues aus dem Ärmel zu schütteln, schicken die Dropkick Murphys die ersten musikalischen Sonnenstrahlen des Jahres auf die Reise. Darauf ein gepflegtes Murphy's Irish Stout!
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