Das Horn hatte um 1700 Eingang in die Kunstmusik gefunden. Es war das aus den Jagd- und Parforcehörnern entwickelte ventillose „Waldhorn“, das offen geblasen wurde. Das Einführen der Hand in den Schalltrichter, das diverse Klangschattierungen und auch Veränderungen der Tonhöhe ermöglichte, war noch nicht bekannt, sodass das Instrument zu Zeiten von Bach, Händel und Vivaldi gemäß seiner Tradition als Signalinstrument, beschränkt auf die Naturtöne, offen schmetternd eingesetzt wurde.
Um dem Horn die ganze musikalische Vielfalt der Epoche zu erschließen, ließ sich Felix Klieser von Wolfgang Renz 13 Vokalwerke für das heutige Ventilhorn arrangieren. Es ist eine wahre Hitparade von Dauerbrennern wie „Gloria in excelsis Deo“ aus Vivaldis „Gloria“, „Hallelujah“ aus „Messiah“ und dem fast unvermeidlichen „Ombra mai fù“ aus „Xerxes“ von Händel. Dem Geschick des Arrangeurs auf der einen und der musikalischen Intuition des Solisten auf der anderen Seite ist es zu verdanken, dass hier, ohne dass die Substanz verbogen wurde, etwas erfreulich Neues entstand. Das Ganze zählt also nicht zu jener Art Adaptionen, bei denen es nur darum geht, virtuose Effekte, wie etwa holzbläserische Geläufigkeit, auf das Blechblasinstrument zu übertragen.
Klieser gestaltet alles ungemein einfühlsam und geschmackvoll, und es ist faszinierend zu hören, wie er die romantische Diktion des modernen Horns in die Klangwelt des Barock integriert. Bemerkenswert auch das schweizerische Ensemble Chaarts Chamber Artists, dessen ebenso stilsicherer wie zeitloser Barockstil sich als ideale Ergänzung zu Kliesers Intentionen erweist und mit lebhaften Dialogen brilliert. Dialoge „Beyond Words“ eben!
© Arnold, Holger / www.fonoforum.de