Während sämtliche künstliche Intelligenzen, die sich in den letzten Jahren der musikalischen Komposition verschrieben haben, nichts wirklich Beeindruckendes an den Tag legen, feiert der Isländer Ólafur Arnalds mit diesem Album eine neue Beziehung zwischen Mensch und Maschine. Die beiden vergangenen Jahre arbeitete er an einer Software namens Stratus, mit der zwei Klaviere automatisch eine computergenerierte Musik spielen können. Wie das funktioniert? Arnalds sitzt wie in seinem Wohnzimmer am Klavier, das mit dem Moog Piano Bar ausgestattet ist, einem Gerät, das akustische Klaviere in MIDI-Protokolle umwandelt. Wenn er eine Note auf seinem Klavier spielt, generiert die Software eine Sequenz auf den beiden anderen Klavieren, die sich im Studio befinden. „Ich spiele Klavier, aber ich stellte vom Klavier ausgehend ein neues Instrument her”, analysierte er es Anfang 2018 in einem YouTube-Video. „Oft reagiert es recht überraschend. Wenn ich zum Beispiel ein C spiele, spielen die anderen Klaviernoten, mit denen die ich nicht unbedingt rechne. Deshalb reagiere ich auf jeweils unterschiedliche Weise. Diese Methode stellt für mein schöpferisches Handeln eine Herausforderung dar und gibt mir eventuell Ideen, die ich andernfalls nie hätte.“
Diese revolutionäre Methode bringt er von Anfang bis Ende der Platte zum Einsatz, indem er seine Klaviere mit zarten Streicherpassagen, live gespielten Perkussionsinstrumenten und Beats (in Koproduktion mit Bngrboy) kombiniert, insbesondere mit diesem süchtig machenden Opener, dem Titelstück, welches das Zeug zum Hit hat. Vor allem klingt hier nichts gezwungen, alles fließt mit majestätischer Gelassenheit dahin. Dadurch, dass Ólafur Arnalds mit dem Einsatz von Maschinen die menschliche Kreativität immer weiter vorantreibt, weist er der musikalischen Avantgarde weltweit den Weg. © Smaël Bouaici/Qobuz