Juan Cabanilles (1644-1712) war einer der originellsten Komponisten des 17. Jahrhunderts in Spanien, der die offenen, entfesselten Klangfarben der spanischen Orgel in Tientos und Passacaglien verarbeitet hat. Wilde Virtuosität, harmonische Eigenartigkeit, unregelmäßige Formen: beim Meister aus Valencia erhält das Wort "Barock" auf einmal seine wahre Bedeutung, nämlich "dessen schockierende Eigenartigkeit". Nicht für unsere Ohren, die an das gewöhnt sind, was ein Gesualdo produziert hat, aber wetten wir, dass sich die Zuhörer der damaligen Zeit an seiner geistigen Verfassung zweifelten? Cabanilles ist lange in den Diskographien vernachlässigt worden. Diese Aufnahme von 1998, hier in einer Neuauflage präsentiert, war eine der ersten, die ausschließlich ihm gewidmet war. Sie enthält insbesondere unveröffentlichte Vokalwerke, die für Fronleichnamsprozessionen bestimmt waren: Mortales que a máis und El galán que ronda las calles, Stücke mit einer traditionellen Form, aber mit Texten, die doppeldeutig, sowohl weltlich als auch religiös zu verstehen sind.
Jan Willem Jansen lässt die Kunst dieses Meisters der Orgelmusik an der historischen Orgel der Kirche San Pablo in Saragossa wieder aufleben. Dieses Instrument wurde ursprünglich in der Mitte des 18. Jahrhunderts gebaut, im 19. Jahrhundert mehrmals restauriert – oder massakriert und romantisiert, und später in einen möglichst frühen Zustand zurückversetzt. Die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Orgelpfeifen noch aus dem Jahr 1754 stammt, hat dies erheblich erleichtert. Der Klang dieses Meisterwerks der spanischen Orgelmusik, vor allem wie sie uns auf dieser Aufnahme von Jan Willem Jansen dargeboten wird, ist einfach verblüffend. © SM/Qobuz