Von einem Album von Erik Truffaz kann man einfach nicht enttäuscht sein, denn jede Einspielung des Trompeters ist ein die Sinne belebendes Abenteuer, kompakt, vielseitig, entrückend vor allem. Und Lune rouge, das er sich mit seinen langjährigen Weggefährten Benoît Corboz, Marcello Giuliani und dem Schlagzeuger Arthur Hnatek ausgedacht hat, bildet keine Ausnahme von der Regel. Die Vinylplatten des Quartetts aus den letzten zwanzig Jahren haben sie an die Wände des Aufnahmestudios gehängt. Sie sehen nicht wie Trophäen aus, sondern eher wie Fragmente eines noch nicht fertigen Mosaiks. Bei dieser Platte hatten wir Lust auf Neues. Wir übertrugen Arthur Hnatek die zentrale Rolle, das Ausgangsmaterial zu komponieren, womit das Quartett dann am Klang arbeiten und die einzelnen Komponenten arrangieren und wieder verwerfen konnte… Wir haben eine ganze Reihe kurzer Chroniken improvisiert, die als Bindeglied zwischen den Kompositionen fungieren. Das ausgearbeitete Material wird durchgeknetet, ausgebreitet, zurechtgeschnitten, neu montiert, bis dann dieser bezaubernde, sphärische Soundtrack entsteht, bei dem mal Rock, mal Dub oder auch Ambient durchsickern. Eine repetitive Sequenz lässt einer stimmungsvollen Passage Platz und Truffaz versäumt es nie, viel Luft und Raum in dieser zeitlupenhaften Musik unterzubringen, die Raum, Zeit und stilistische Gepflogenheiten auf den Kopf stellt. Sogar sein eigenes Spiel verzichtet auf festen Boden unter den Füßen, um der Sonne ein High Five zu geben. Und so rückt Miles Davis‘ weiter in den Schatten. Ein wahrer Zauber. © Max Dembo/Qobuz