War der Isländer einst nur Insidern als Drummer der Hardcorebands Fighting Shit und Celestine bekannt, sorgt Ólafur erstmals 2007 als Soloartist mit "Eulogy For Evolution" und dem Soundtrack "Dyad 1909" mit einem Kontrastprogramm für Aufsehen: sozusagen der Gegenentwurf zu Noise.
Auf "…And They Have Escaped The Weight Of Darkness" zelebriert er nun wieder die Stille und synthetisiert seine reduzierten, klassischen Arrangements mit sphärischen elektronischen Einlagen des Co-Produzenten Barði Jóhannsson zu Klang gewordenen Streicheleinheiten.
"Das Album hat ein ganz klares Thema", so Arnalds, "nämlich dass es immer Licht nach der Dunkelheit gibt. Für mich hat es eine viel positivere Stimmung als der Vorgänger."
Trotz dieser Aussage handelt es sich mitnichten um ein vor Lebensfreude strotzendes Werk. Vielmehr prägt ein traurig meditativer Grundton die Stimmung, der sich aber immer wieder hoffnungsfrohen und lebendigen Momenten zuwendet.
Grundiert sind die cineastisch anmutenden Instrumentalstücke mit unaufgeregten Pianomustern in Moll, die von ebenso weichen wie betörenden Streicherarrangements aus Violinen und Cello an die Hand genommen werden, um gemeinsam zärtliche Melodielinien zu entwerfen. Daraus resultieren feinsinnige, elegische Dramaturgien, die sich nicht aufdrängen, sondern sich ganz langsam und atmosphärisch verdichten, um schließlich wieder zum Ausgangspunkt Ruhe zurückzufinden.
Die ergreifendsten Momente kreiert Arnalds dann, wenn er in vier Stücken plötzlich das Schlagzeug ins Spiel bringt und die räumlich ausgedehnten Kompositionen zum sanften, spannungsreichen Crescendo anheben, ohne in überbordende Unruhe zu geraten. Da klingt zwar ein Synthesizer an, dort Gitarre oder Bass, aber stets darauf bedacht, den ungeheuren harmonischen Fluss nicht zu stören.
Auch wenn Arnalds seinen harmonischen Schönklang nun nahezu perfektioniert hat, wünscht sich mancher Hörer zuweilen doch die ein oder andere Reibungsfläche oder Irritation.
"…And They Have Escaped The Weight Of Darkness" ist als 40-minütiges, recht zeitloses Gesamtkunstwerk zu betrachten. Ólafur Arnalds arbeitet dabei weniger mit unkonventionellen Mitteln als vielmehr mit einer unspektakulären, aber feinsinnigen Instrumentierung und intensivem emotionalen Gespür.
© Laut