Es war zu erwarten, dass sich Enslaved an ihre bisherige Vorgehensweise halten und sich auch auf "RIITIIR" stilistisch kaum einordnen lassen. Raserei und Härte sind nur eine kleine Zutat im Enslaved-Gebräu, das schon seit längerem mehr und mehr auf melodische, teils auch gern progressive Klänge und Atmosphäre setzt. Abnutzungserscheinungen sind bislang aber kaum zu bemerken. Auch wenn man immer wieder auf die Probe gestellt wird.
So hat man eingangs gar das Gefühl, im schrammeligen College Rock angekommen zu sein. Den Eindruck könnte man in "Thoughts Like Hammers" stellenweise gewinnen. Aber soll ich euch was sagen? Es klingt großartig! Zumal dies ohnehin nur einen kleinen Teil des Songs und einen noch kleineren der ganzen CD ausmacht. Der Wechsel von harschen, epischen zu fragilen und einfach nur überwältigenden Elementen ist fließend, logisch und jederzeit einfach nur großartig.
So einschmeichelnd und eingängig, wie sich Enslaved eingangs geben, bleiben die Herren aber dann doch nicht. "Veilburner" zeigt sich zunächst garstig, roh und auch sperrig, darf aber mit der warmen Stimme von Keyboarder Herbrand Larsen immer wieder demonstrieren, mit welcher Leichtigkeit sie sich wieder ins Prog Rock Ohr schmeicheln. Dennoch laufen sie hier Gefahr, es damit zu übertreiben (siehe Opeth).
Für die Wutausbrüche von Basser Grutle Kjellsons ist man deshalb immer wieder dankbar. In "Roots Of The Mountain" fallen sie beinahe wieder in alte schwarzmetallische Härte und Raserei zurück. Die Kontraste fallen gerade in diesem, beinahe zehnminütigem Stück (bei weitem noch nicht das Längste) am deutlichsten auf, unterstreichen aber gleichzeitig die Fähigkeit, stringent und flüssig zu komponieren.
Die Gegensätze auf "RIITIIR" könnten von "Materal" und dem abschließenden "Forsaken" nicht deutlicher dargestellt werden. Hat das eine dank seiner Eingängigkeit schon beinahe etwas von Audrey Horne und kommt nicht ganz ohne Längen aus, so bietet das andere das progressive Highlight des Albums mit Klavierintro, wild rockenden Crescendi, doomigen Zwischenspielen und einem ruhigen, atmosphärischen Ausklang.
Dass Grutle aber nicht nur als Growler in der Band seinen festen Platz hat, zeigt das progressive "Storm Of Memories" sehr gut, wo sein Bassspiel endlich mal ein wenig im Vordergrund steht. Über den Sound kann man sich streiten, aber wenn es dem Herrn so gefällt ... Seine aggressiven Vocals tragen den rasant beschleunigenden Song. Zur Abwechslung nimmt Herbrand hier nur eine Nebenrolle ein.
© Laut