Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus und letztlich dem Ende der UdSSR wurden viele der bedeutendsten Exponenten der sowjetischen Kunstgeschichte, einschließlich der Musiker quasi instinktiv in die Bereiche des Vergessens verbannt. Heutzutage wird der Name von Dmitry Borisovich Kabalewski (1904-1987) in Russland selten erwähnt und seine Musik noch seltener gespielt. Doch zu einer Zeit war er einer der fünf bedeutendsten Komponisten seines Landes, nach Prokofjew, Schostakowitsch, Mjaskowski und Khachaturian. Am Anfang seiner Karriere zeigte Kabalevsky seine Unterstützung für den Kommunismus und blieb diesen Prinzipien während seines ganzen Lebens treu, auch wenn er Mitglied der Union der sowjetischen Komponisten und dann zum Professor am Moskauer Konservatoriums ernannt wurde, wo er von 1932 bis 1980 Lehrer war. Im Einklang mit seinen Prinzipien handelten Kabalevsky und eine Gruppe von Musikern, die unter den Entscheidungsträgern besonders einflussreich waren, oft so, dass sie sich tragisch irrten oder gar verächtlich waren, zum Beispiel im Falle seiner unnachgiebigen Opposition gegen bestimmte Werke von Schostakowitsch. Seine Schüler aber erinnern sich mit großer Dankbarkeit an ihn. Ein besonderer Aspekt des Werkes von Kabalevsky als Musiker bezieht sich auf die Energie, die er in Projekten in Bezug auf Kindheit und Jugend etwickelt hat: nicht nur schrieb er Musik, die speziell darauf ausgerichtet war, den Unterschied zwischen den technischen Fähigkeiten der Kinder und der Ästhetik der Erwachsenen zu überbrücken, sondern weiterhin richtete er ein musikpädagogisches Pilotprogramm in fünfundzwanzig sowjetischen Schulen. Dieses Album enthält zwei Kompositionen von Kabalewski, die eine wichtige Position in seiner riesigen Werkanzahl einnehmen. Der erste ist der Zyklus von 24 Präludien Op. 38, 1943 geschrieben und Nikolai Mjakovski gewidmet, mit dem er seit 1925 eng befreundet war. Die Uraufführung wurde von dem berühmten Pianisten Yakov Flier gegeben. Das zweite Werk des Albums ist die dritte Sonate Op. 46 in F-Dur, komponiert im Jahre 1948 und von großen Namen wie Horowitz hoch geachtet. Natürlich wird der Zuhörer einige Einflüsse sowohl von Schostakowitsch, als auch von Prokofiev hören können, aber Kabalevskys Sprache mag vielleicht etwas freundlicher und weniger rau sein, manchmal sogar an manche Akzente von Debussy erinnern. Die Liebe des italienischen Pianisten Pietro Bonfilios zur russischen Musikkultur hat ihn dazu veranlasst, dieses seltene Repertoire zu erforschen. © SM/Qobuz