Man stelle sich hier weniger vor, dass Nigel Kennedy Gershwin mit „Ich nehme an, Sie sind Maestro Gershwin“ begegnet, sondern eher umgekehrt, dass Gershwin im New Yorker Dschungel mit einem „Ich nehme an, Sie sind Herr Kennedy und Sie spielen gerade Gershwin“ auf Kennedy zugeht. Das vorliegende Album stammt ebenso von dem uns inzwischen vertrauten Jazz-und Klassik-Forscher als auch von Kennedy und seinen Jam-Session-Kollegen, nämlich den Gitarristen Howard Alden und Rolf ‘die Kobra’ Bussalb, dem Bassisten Tomasz ‘Insomnia’ Kupiec und dem Flötisten David Heath. Obwohl im Booklet erwähnt wird, dass alle Stücke von „Nigel Kennedy arrangiert“ seien, ist der Beitrag der Jazz-Solisten durchaus nicht unbedeutend. Sagen wir mal, Kennedy hat die für Streicher und manchmal für Klavier und Cembalo geschriebenen Begleitungen arrangiert – die er übrigens beide selbst spielt. Seine Überarbeitungen sind durch drei Hauptelemente charakterisiert: die Fusion von Jazz und Klassik, die wunderschönen melodischen Einflüsse der jüdischen Kultur und die einmalige Energie der Stadt New York – sowie der weiteren (und offensichtlich unvorbereiteten) Erkundung des Rockstils von Pink Floyd für eines der Stücke. Ein zusätzliches wichtiges Element ist zweifellos Kennedys persönliche Bekanntschaft mit Stéphane Grappelli im Alter von ungefähr 14 Jahren. Da „sich diese Musik als Live-Projekt entwickelt hat“, so schreibt Kennedy im Begleitheft, setzte er die Arbeit „im Studio entsprechend fort. Daher: kein schöner Hall, so dass die Musik schlicht wie fünf Katzen klingt, die in einem Raum miteinander spielen. Dies ist der alte Aufnahmestil, der einigen [seiner] Lieblingsaufnahmen aus den 30er und 40er Jahren ähnelt.“ Natürlich würde Gershwin seine Stücke nicht unbedingt immer wiedererkennen, aber die Art und Weise, wie die Musiker seine Noten improvisiert haben, hätte ihm bestimmt gefallen. © SM/Qobuz