Diese Gambenstücke von Marin Marais erschienen in fünf Büchern (1686-9, 1701, 1711, 1717 und 1725). In der Zeit, in der der Komponist seinen ersten Band Livre de Pièces de Viole veröffentlichte, war der kleine Kreis der Gambenspieler in heller Aufregung. Denn es entwickelte sich neben dieser Tradition, die Gambe allein zu spielen, auch ein sehr originelles Zusammenspiel von zwei oder drei Gamben. Dazu ist eine der großen Neuheiten dieses Bandes das Hinzufügen des Basso continuo. Doch bei der Veröffentlichung, deren Druck 1686 vollendet wurde, war das Heft des Basso continuo noch nicht fertig. So wurde das Buch ohne Basso continuo angeboten. Das erlaubt zweifellos die Vorstellung, dass diese Stücke auch ohne Bass gespielt werden können, wovon auch einige bekannte Stücke zeugen, die heute handschriftlich vorhanden sind und keinen Basso continuo haben. Doch muss man zugeben, daß der Basso continuo diesen Stücken eine beachtenswerte harmonische und expressive Stütze liefert. Jedenfalls wurde das Basso-continuo-Heft erst 1689 gedruckt: „Als ich dem Publikum mein Livre de Pièces à une et deux Violes gab, hatte ich die Absicht, auch den Basso continuo, der ein wesentlicher Bestandteil davon ist, hinzuzufügen. Doch da der Druck ein sehr zeitaufwändiges Unternehmen ist, musste ich dies bis auf den heutigen Tag aufschieben. Ich habe ihn ganz beziffert, damit er auf dem Cembalo oder der Theorbe gespielt werden kann, was sehr gut zur Gambe, die das Thema spielt, passt.“ Dieses Premier Livre von Marin Marais enthält 93 Stücke, die gemäß der Tradition der Lauten- und Cembalospieler nach Tonarten geordnet sind. Die Stücke sind in der Reihenfolge der klassischen französischen Suite herausgegeben: Prélude (oder/ und Fantaisie), Allemande, Courante, Sarabande, Gigue, danach folgen die „petites danses“ (kleine Tänze), Menuet, Gavotte, eventuell das eine oder andere Rondeau und schließlich Passacaille oder Chaconne. Die Continuos instrumentierten François Joubert-Caillet und seine Kollegen des Ensemble L'Achéron je nach den Suiten, um dem Zuhörer die Möglichkeit zu bieten, in verschiedene Atmosphären einzutauchen: intime mit nur einer Theorbe oder einer Gitarre, blumige mit einer Theorbe und einer Gitarre oder einer Erzlaute, leuchtende, männliche oder gemischte mit einem Cembalo. Da die Suiten in d-Moll und D-Dur zu lang sind, wurden sie jeweils in zwei Suiten aufgeteilt, um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen. Aus demselben Grund entspricht die Aufeinanderfolge der Suiten nicht der Reihenfolge der 93 Stücke des Buches – da sie natürlich nicht mit der Absicht komponiert wurden, von Anfang bis Ende in der gegebenen Abfolge gespielt oder gehört zu werden – sondern wir versuchten den Zuhörer durch kontrastreiche Farben zu führen, um den Streifzug angenehmer zu gestalten. © SM/Qobuz