Endlich! The Strokes standen nie wieder so fest auf ihren Converse-All-Star beschuhten Füßen wie in ihren Jugendjahren, ihren Anfangszeiten vor zwanzig Jahren. Und das sagt schon Einiges über die zurückgelegte Durststrecke. Mit ihrem Album Is This It aus dem Jahre 2001 buddeln sie einen Rock aus, um ihn dann wieder zu verscharren. Sie klingen in der Tat nach Velvet Underground und Television, erstaunlicherweise aber auch nach Pearl Jam und Nirvana, bei denen Albert Hammond Jr. damals Anleihen machte, und so präsentieren die fünf Jungs mit dem Leadsänger Julian Casablancas (Sohn von Elite-Models-Boss und Miss Danemark des Jahres 1965) einen perfekten Lo-Fi-Rock-Sound und die nachlässige Punk-Attitude gleich mit dazu. Natürlich ist das alles kein Zufall. „Das muss alt klingen, aber alt wie in 2001“, erklärte Casablancas. Weg mit der Elektronik und her mit Gitarren, Bass und Schlagzeug für zugedröhnte Titel. Die Erfolgsformel greift aber mit jeder Neuerscheinung immer weniger, und mit all den Duellen um ihr Ego und schwer verständlichen Synthie-Experimenten ergibt das alles am Ende ein unscheinbares Comedown Machine (2013), sodass von den New-Yorkern nicht mehr als ein paar blasse Erinnerungen übrig bleiben.
Und siehe da, The New Abnormal sowie sein prophetischer Titel zeugen von Inspiration. Mit Basquiats einzigartiger Hommage an Charlie Parker, Bird on Money, als Cover-Design wandeln The Strokes auf dem schmalen Grat zwischen Underground und Pop der achtziger Jahre. Sie erinnern einfach zu sehr an Human Leagues Don’t You Want Me aus dem Album Brooklyn Bridge Circus. Oder bei dem auf die Spitze getriebenen Säuseln in Bad Decisions muss man an Billy Idol und Morrissey denken. Gleich mit dem Opener und in den darauf folgenden 45 Minuten geht es wild voran. Es beginnt in The Adults Are Talking mit dem unerbittlichen Gimmick zu Casablancas ausgemergeltem Falsettgesang, geht dann weiter mit dem wehklagenden Selfless in der Art eines Chris Martin, und reicht hin bis zu diesem groovigen Eternal Summer, der an Roger Waters auf Pigs erinnert. Casablancas Stimme ist einfach umwerfend, endlich hat sie uns etwas zu sagen. Um die frischen Blüten seiner Reife auszuschöpfen und den ausgemergelten Motor wieder auf Hochtouren zu bringen, holte das Quintett einen „Retter“ an Bord, den Def Jam-Gründer Rick Rubin. Und dabei haben sie natürlich ins Schwarze getroffen. Die Melodien sind ausgefeilt, anscheinend ganz ohne irgendeine Berechnung dahinter – begleitet von dem charmanten, nach Midi-Sound klingenden Synth-Bass und sparsam eingesetzten Gitarren mit einfachen Riffs. Alles kommt ins Wanken, um sich dann neu zusammenzufügen. Und es funktioniert! Ein Werk von zu Bruch gegangener, aber raffinierter Schönheit, realistisch und unrealistisch zugleich. Das vergisst man nicht so schnell wieder. © Charlotte Saintoin/Qobuz