In einem Live-Mitschnitt vom 17. Juli 2015 in der Abtei Sainte-Marie de Fontfroide nahe dem französischen Narbonne erforscht das neue Opus der Diskographie Jordi Savalls, musikalisch wie textlich, mehr als vier Jahrhunderte Musik: von Gesängen bis Tänzen, die in der Zeit der schrecklichsten Gräueltaten der Menschheit entstanden sind: der Sklaverei. Nicht dass die Sklavarei vor 1444 existierte und 1888 endete - die Griechen, Römer, Ägypter und weitere vorangegangene Kulturen hatten schon längst dafür gekämpft - aber 1444 ist das Datum des ersten erhaltenen Dokuments, das die Masse erfasst. Um sein Ensemble Hespèrion XXI und La Capella Reial de Catalunya hat Jordi Savall Musiker und Erzähler diverser Horizonte vereint, bei denen man noch die Spuren der entwurzelten Völker spürt, deren Ursprung in Westafrika lag und auf die man in Brasilien, Mexiko, den karibischen Inseln oder Kolumbien wieder trifft sowie einige Traditionen, die in Mali verankert sind. Die brasilianischen, kolumbianischen, mexikanischen, marokkanischen, madagassischen Musiker und Erzähler stehen im Dialog mit den spanischen Musikformen, die selbst von den Gesängen und Tänzen der Sklaverei beeinflusst sind und auf den afrikanischen und Mestizen-Traditionen basieren: Es handelt sich hierbei um Stücke der katholischen Liturgie, in die die Sklaven, die ihre eigenen Vorstellungen der Göttlichkeit mitbrachten, mehr oder weniger gezwungen wurden. Europa, Afrika und Lateinamerika, das große Dreieck ist wieder gezeichnet, aber ohne dass jemand entwurzelt, in den Laderaum verfrachtet oder 2000 Meilen weit von seiner Heimat verkauft wird...© SM/Qobuz