Durch Chopins absolute Meisterschaft in der "kleinen Form" (Präludien, Balladen, Nocturnes, Mazurkas, Impromptus, Studien, Polonaisen) wurden seine größeren Werke oft in den Schatten gestellt, wie etwa die drei Klaviersonaten und die Sonate für Cello und Klavier, denen oft vorgeworfen wurde, sie seien zwar brillante, aber dennoch „nur“ disparate, zusammengewürfelte Stücke. Bei genauerem Hinsehen haben jedoch viele Musikwissenschaftler festgestellt, dass diese Werke ebenso sorgfältig strukturiert und vollendet sind wie die klassischen Modelle von Haydn oder Beethoven.
Der brillante, junge, russisch-litauische Pianist Lukas Geniušas hat für dieses Mirare-Rezital erneut Chopin gewählt. Nachdem er im Jahr 2013 eine hochgelobte Einspielung der 24 Etüden (bei Dux Records) realisiert hatte, war er zwei Jahre später mit einem monografischen Album, das der Klaviersonate Nr. 2 in b-Moll und dem Klavierkonzert in e-moll gewidmet war und vom Chopin-Institut in Warschau (Narodowy Instytut Fryderyka Chopina) herausgegeben wurde, rückfällig geworden.
Lukas Geniušas bleibt seinem Lieblingskomponisten treu – er hat übrigens an der Frederic-Chopin-Musikhochschule in Moskau studiert – und bietet uns vor der 3. Klaviersonate, gleich einer majestätischen Lindenallee vor einem schönen Haus, 11 Mazurkas. Er stellt seine meisterhafte Technik in den Dienst einer großen Sensibilität, dank derer er die geheimsten und subtilsten Aspekte von Chopins Musik auszudrücken vermag. © François Hudry/Qobuz