Menahem Pressler, am 16. Dezember 1923 geboren, ist heute zweifellos ein Nestor unter den Pianisten, so wie es Mieczysław Horszowski in den 1980er-Jahren war. Der Begründer des Beaux-Arts Trio, ein großer, aber nur wenig bekannter Interpret französischer Musik, hatte in seinen Dreißigern einige der schönsten Debussy-Einspielungen der 1950er-Jahre für das amerikanischen Label MGM Records realisiert (La Boîte à joujoux, Estampes, Suite bergamasque, Arabesques, La plus que lente, Rêverie, aber auch mehrere inzwischen völlig vergessene LPs, die Prokofjew gewidmet waren, sowie Histoires von Jacques Ibert…). Für die Deutsche Grammophon erinnert er sich heute an diese Zeit, als ihm auf amerikanischem Boden alle Türen offen standen, und er hat stellte ein schönes Programm zusammen, das sich hauptsächlich auf große Hits von Debussy konzentriert (Arabesques, Clair de lune aus der Suite bergamasque, mehrere Préludes aus Band I wie etwa La fille aux cheveux de lin), und mit Fauré (Barcarolle No. 6) und Ravel (Pavane pour une infante défunte, Oiseaux tristes) endet. In Presslers Spiel lebt die pianistische Tradition einer anderen Zeit weiter: in seinem Klang, seinem stilistischen Verständnis oder auch einfach in seiner Geisteshaltung. Clair de lune ist von einem großen Atem getragen, ohne in Rührseligkeit abzugleiten oder den leisen, vertrauensvollen Grundton zu verlieren. Es wäre schön, wenn Universal Music alle Solo-Aufnahmen von Pressler, die sich im Besitz von MGM Records befinden – ein unschätzbares und völlig vergessenes Erbe – neu herausgeben könnte. Das wäre eine angemessene Würdigung für diesen großen Künstler. © Théodore Grantet/Qobuz