Febel hat sich ein abendländisches „Heiligtum“ vorgeknöpft: Bachs „Kunst der Fuge“. Unzählige Transkriptionen wurden davon gefertigt, überzeugende künstlerische Anknüpfungen blieben rar. Bis jetzt.
Im Auftrag der Bachwoche Ansbach schuf Febel eine ungemein intensive Neudeutung, die in vielfältigen „Übermalungen“ das Vorgefundene zu komplexen Konglomeraten schichtet, in der Bachs Kontrapunktik trotzdem nie verloren geht. Wohldosierte Manipulationen und Verschiebungen in Artikulation, Rhythmik, Dynamik und Register sind dabei Programm. Aber es gibt auch Störungen und Irritationen, die dem Ausgangsstoff eine abgründige Rhetorik einverleiben: Wenn in der Studie acht dissonante Akkorde in den Ablauf der Doppelfuge hineinschlagen und den Contrapunctus an den Rand der Zertrümmerung bringen; wenn in der Studie vier Echoeffekte wie surreale Kommentare das kontrapunktische Geschehen ins Unwirkliche ziehen, verwandeln sich Bachs „abstrakte“ Exerzitien in dramatische Klangpoesie.
Dass der Ernst der Materie dabei keinesfalls verloren geht, zeigt in beeindruckender Weise die Bearbeitung des gewichtigen, finalen Contrapunctus 18, den Febel mit der letzten Originalnote des Torsos abreißen lässt, um dann ein düster raunendes Nachspiel anzufügen. In der Überlagerung verschiedener Metren und Akzentuierungen forciert Febel nicht nur im Presto possibile eine Virtuosität, die an die Grenze des Spielbaren führt. Yaara Tal und Andreas Groethuysen realisieren das jedoch mit staunenswerter Leichtigkeit und hauchen diesen Adaptionen eine teils überbordende Vitalität ein.
© Wieschollek, Dirk / www.fonoforum.de